Historisch : Das Feuerschlagen mit dem Schlageisen

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03.09.2012 19:13
avatar  Hesse
#1
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Hallo zusammen.

In diesem neuen Thema widmen wir uns einer historischen Art der Feuererzeugung; nämlich dem Feuerschlagen.

Das zum Feuerschlagen benötigte „Feuerzeug“ setzt sich prinzipiell aus einem Schlagwerkzeug, einem Feuerstein, Zunder und brennbaren Materialien zusammen.
Verwendete man früher (in der Steinzeit) noch 2 Steine (bspw. Pyrit und Markasit) um die Funken zu schlagen setzte sich später das Schlagen mit dem Schlageisen durch.
Dieses Verfahren war besonders im Mittelalter sehr gängig und die in dieser Zeit verwendeten Schlageisen-Formen werden dann, von meiner Seite aus, den Kerninhalt in diesem Thema bilden.

Zunder gibt es in vielerlei Arten und Formen.
In der Natur gibt es gut geeigneten Zunder an Bäumen in unseren Wäldern, auf Wiesen, sowie an Ufern von Flüssen und Seen.
(Hier sollte man aber selbstverständlich den Natur-/Artenschutz beachten.)
Nach der Blüte der Rohrkolben sind die Flugsamenfasern am Kolben ein außerordentlich guter Zunder.
Ein Zunderschwamm genannter Pilz wächst an toten Bäumen und ist getrocknet ebenfalls ein erstklassiges Zundermaterial.
Flugsamen der Distel und des Löwenzahns sind ebenfalls noch gut geeignete Zundermaterialien.
Da man, wenn man eine stark erhöhte Anglühfähigkeit des Zunders haben möchte, den Zunderschwann und auch die Rohrkolbenfasern noch mit einigem Aufwand „nacharbeiten“ muss, indem man sie bspw. mit Salpeter nitriert, gibt es alternativ zu den zuvor beschriebenen Materialien noch die Möglichkeit sein Glück mit Jutefasern (Schnur oder Stofffetzen) und Leinwandzunder (gezielt verkohlte Stoffreste oder Leinen) zu versuchen. Das gibt es meist fertig zu kaufen oder ist sehr leicht und schnell herzustellen.

Die Methode des Feuerschlagens an sich ist sehr simpel und mit etwas Übung hat man in wenigen Minuten ein offenes Feuer.
Den Zunder legt man vor dem Schlagen in ein kleines Nest aus Heu, Laub oder ähnlich leicht entzündlichen Materialien.
Um Funken zu erzeugen, schlägt man nun mit der Schlagseite des Schlageisens an einer scharfen Kante des Feuersteins entlang. Hierbei werden sowohl aus dem Schlageisen, als auch aus dem Stein kleine Partikel gelöst, welche durch die hohe Reibung zum Glühen gebracht werden. (Die Steinpartikel sind aber für den Anglühvorgang irrelevant.)
Idealerweise treffen diese glühenden Funken dann den vorbereiteten Zunder und bringen diesen zum Glimmen. Hat sich ein geschlagener Funke im Zunder verfangen und diesen leicht zum Glimmen gebracht, nimmt man das Nest auf und führt Luft zu (durch Pusten, fächern, etc.) um die kleine Glut wachsen zu lassen.
Ist dies geglückt, fügt man noch weitere Materialien, wie bspw. dünne Fasern von weißer Birkenrinde, Holzfasern, kleine Zweige, etc. hinzu und führt erneut Luft zu, bis ein Entflammen einsetzt. Fertig ist das Feuer….

Die Methode des Feuerschlagens wurde zur Feuerzeugung sehr lange angewendet.
Bereits in der Steinzeit wurde auf diese Art und Weise Feuer gemacht, Ötzi hatte Zunderschwamm bei sich und im Mittelalter war Feuerschlagen im ganzen europäischen Raum verbreitet..
Das Feuerschlagen mittels Schlageisen verschwindet dann erst gänzlich aus dem Alltag mit der Erfindung des Streichholzes, das Prinzip des Funkenschlagens blieb in abgewandelter Anwendungsform in den Streichfeuerzeugen aber noch eine kleine Weile erhalten.

Noch im 1838 begonnenen Werk der Gebrüder Grimm – Deutsches Wörterbuch – findet man folgenden Eintrag: zunder ist eine lockere, pulverige masse aus pflanzlichen stoffen, welche durch den am stein geschlagenen funken zum glimmen gebracht wird. seit alter zeit wird dieser zunder aus gewissen baumschwämmen, polyporus, siehe zundelschwamm, zunderschwamm durch kochen in lauge, dann auch aus verkohlter leinwand hergestellt. noch älter aber, und bis heute bei einfachen völkern üblich, ist dafür die verwendung von mulmigem holze…

Das heute zum Themenstart vorgestellte Schlageisen stellt ein Wikingerschiff dar.
Über eine historische Authentizität dieser Form habe ich allerdings keine Quelle und ich deklariere es hier daher mal als Fantasie-Form des herstellenden Schmieds.

Bis auf den ausgeformten Drachenkopf besitzt es aber eine klassische Form, die von ihren Grundzügen her über mehrere Jahrhunderte, von der „Römischen Kaiserzeit“s, ca. 5. Jh. n. Chr. bis weit übers Mittelalter hinaus Verwendung fand.


Viele Grüße
Der Hesse

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03.09.2012 22:10
avatar  Kay
#2
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Kay

Hi Hesse,

erstklassiger Beitrag, hier noch 1 bis 2 kleine Anmerkungen.

"Das Feuerschlagen mittels Schlageisen verschwindet dann erst gänzlich aus dem Alltag mit der Erfindung des Streichholzes"

Ist so leider nicht ganz richtig, spätestens nach Einführung der Zündholzsteuer (aus dieser Zeit gibt es u. A. sehr schöne Feuerschlagmesser, mit der Aufschrift "Feuer ohne Steuer"), wurde vermehrt wieder auf Feuerstahl und Stein zurückgegriffen, zumindest von der ärmlichen Bevölkerung, ebenso ist diese Methode in abgelegenen Bergregionen Asiens (vermutlich auch in anderen Erdteilen)in den 60er bis 70er Jahren des 20. Jahrhunderts noch beobachtet worden.

"Verwendete man früher (in der Steinzeit) noch 2 Steine (bspw. Pyrit und Markasit)"

Du hast völlig Recht, hier kommt Schwefelkies (Pyrit) oder auch Markasit (beide eisenhaltig) in Verbindung mit einem Feuerstein zum Einsatz, 2 Feuersteine würden zwar auch Funken erzeugen, nur sind diese Funken unbrauchbar, würden sich nicht im Zunder "einnisten" , die abgeschlagenen Eisenteilchen glühen hingegen wesentlich intensiver und haben auch eine höhere Temperatur. In schlecht recherchierten Filmen kommen häufiger mal 2 Feuersteine zum Einsatz.

Auch bei der Form des Feuerstahles gebe ich dir völlig Recht, es ist wohl eine der verbreitetesten Formen die es über viele Jahrhunderte gab, anbei ein Stück aus der Türkei (1. Bild, ohne Drachenkopf) auf dem 2. Bild ist ein Stahl zu sehen, welcher sehr häufig in der Heraldik anzutreffen ist, ebenso findet man diese Form an der Collane vom "Orden des goldenen Vlies" (Bild 3) - leider bin ich mir ziemlich sicher, dass es sich bei meinem Stück um einen Nachguss handelt (Reproduktion), deren Alter ich nicht einschätzen kann. (Messing und Stahl)

Da die in Bild 1 gezeigte Form so lange im Einsatz war, ist eine vernünftige Datierung fast unmöglich. Nur weil die Form deines Stahles (ok, entstammt neuzeitlicher Schmiedekunst) nicht in der Literatur zu finden ist, muss es nicht zwangsläufig heißen, dass es diese nicht gab, auch früher hatten die Menschen viel Fantasie.

Danke für Deinen tollen Beitrag !!

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04.09.2012 20:07
avatar  Hesse
#3
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Hallo Kay.

Besten Dank für deinen Beitrag und das Zeigen der zwei Schlageisen.
Das "Schlageisen vom goldenen Vlies" gefällt mir sehr gut.
Der Orden vom goldenen Vlies wurde im 15. Jahrhundert gegründet und es könnte gut sein, dass es eine Reproduktion ist.
Ich besitze derzeit kein mittelalterliches Original, sondern ausschließlich Reproduktionen.
Ich bin aber damit schon vollauf zufrieden und im Hinblick auf mein Budget verkneife ich mir auch so gut wie es geht den Ankauf von weiteren historischen Originalstücken aus dem Mittelalter.
Da wird es bei mittelalterlichen Münzen schon immer schmerzhaft genug...


Zitat von Kay


Ist so leider nicht ganz richtig, spätestens nach Einführung der Zündholzsteuer (aus dieser Zeit gibt es u. A. sehr schöne Feuerschlagmesser, mit der Aufschrift "Feuer ohne Steuer"), wurde vermehrt wieder auf Feuerstahl und Stein zurückgegriffen, zumindest von der ärmlichen Bevölkerung, ebenso ist diese Methode in abgelegenen Bergregionen Asiens (vermutlich auch in anderen Erdteilen)in den 60er bis 70er Jahren des 20. Jahrhunderts noch beobachtet worden.



Hier habe ich leider etwas unglücklich formuliert... (Sorry) - Ich bezog die Passage meines Beitrages auf die generelle Methode des Feuermachens im europäischen Raum.
Mit Erfindung des Streichholzes war das Ende des Schlageisens in unseren Breiten eigentlich vorbestimmt, aber natürlich hast du damit recht, dass in der Zeit der Zündholzsteuer vorübergehend wieder Funken geschlagen wurden um die Steuer zu umgehen.
Im Hinblick auf das Schlageisen mit weit mehr als 1000 Jahren Geschichte kann man (aus meiner bescheidenen Sicht heraus) diesen kurzen Zeitraum aber vernachlässigen.
Wenn man es allerdings ganz eng sieht, ist das Funken-/Feuerschlagen eigentlich bis heute noch nicht verschwunden.
Im Outdoor- und Survivalbereich hat man ja auch heute noch seinen Magnesiumstriker bei der Hand um Feuer zu machen.


Zitat von Kay

Da die in Bild 1 gezeigte Form so lange im Einsatz war, ist eine vernünftige Datierung fast unmöglich. Nur weil die Form deines Stahles (ok, entstammt neuzeitlicher Schmiedekunst) nicht in der Literatur zu finden ist, muss es nicht zwangsläufig heißen, dass es diese nicht gab, auch früher hatten die Menschen viel Fantasie.




In diesem Punkt muss ich dir zustimmen. Leider ist eine Datierung fast nicht möglich.
Selbst wenn es archäologische Funde gibt (Alemannen, Kelten, Gräberfelder Birka, Luistavi, etc., pp) kann man nur in etwa sagen, in welche Zeit sich die Grabungsfunde datieren lassen, nicht aber wie lange eine ausgegrabene Schlageisenform in Gebrauch war. Hier lassen sich nur sehr vage Von-Bis-Bestimmungen aufstellen und es ist sehr viel Grauzone vorhanden. Die enorme geografische Verbreitung des Schlageisens erschwert die ganze Sache noch zusätzlich.

Viele Grüße
Der Hesse


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07.09.2012 15:44
avatar  Hesse
#4
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Hallo zusammen.

Heute möchte ich euch ein Schlageisen vorstellen, welches für Anfänger im Feuerschlagen nicht unbedingt die beste Wahl ist.

Das Schlageisen ist ziemlich klein (5,2 cm Länge) und man kann sich, wenn man sich dusselig anstellt, ganz schnell mal beim Schlagen die Finger am Feuerstein verletzen.

Von historischer Seite her, handelt es sich bei dieser Reproduktion um ein slawisches Schlageisen.
Das dazu passende Originalstück wurde auf der Insel Rügen bei Grabungen rund um den Burgwall Garz gefunden.

Von der Zeitleiste her, in der das Schlageisen Verwendung gefunden hat, befinden wir uns in etwa im Zeitraum vom 8. Jahrhundert bis ins 14. Jahrhundert.

Viele Grüße
Der Hesse

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07.09.2012 17:17
avatar  Kay
#5
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Kay

Hi Hesse,

es passt zwar vom Zeitraum leider nicht, aber da Du die "Größe" angesprochen hast, stelle ich diese Stücke dennoch hier mit ein, hoffe dies ist kein Problem.

1. Ein kleines Zunderbehältnis aus Holz, Zunder ist noch vorhanden und da das Behältniss schon recht klein ist, muss der Stahl natürlich noch kleiner sein, in diesem Fall 4,3 cm. Indien - mitte 19. Jahrhundert.
2. Es geht noch kleiner, hier zwei sehr seltene und wirkliche kleine Stücke aus dem Iran, es handelt sich um Stücke, die von Frauen benutzt wurden und an einem Lederband oder ähnlichem um den Hals getragen wurden. 3,7 und 2,7 cm. Iran 18. Jahrhundert.

In diesem Fall bin ich absolut sicher, dass es sich um Originale handelt.

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08.09.2012 19:45
avatar  Hesse
#6
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Hallo Kay.

Dass deine Stücke nicht unbedingt ins Mittelalter passen ist natürlich gar kein Problem.

Ganz im Gegenteil, solche Sachen bekommt man ja nicht alle Tage zu Gesicht und ich freue mich immer wieder, wenn du deine alten Schätzchen postest.

Hast du die kleinen persischen Exemplare schon mal geschlagen?


Besten Dank fürs Zeigen und viele Grüße
Der Hesse


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11.09.2012 17:09
avatar  Kay
#7
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Kay

Hi Hesse,
ich habe zwar keine Hände wie Bratpfannen und auch keine Finger wie Gummiknüppel, aber die Teile sind mir dann doch etwas zu klein, da wäre ein Unfall vorprogrammiert.


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13.09.2012 15:05
avatar  Hesse
#8
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Zitat von Kay
Hi Hesse,
ich habe zwar keine Hände wie Bratpfannen und auch keine Finger wie Gummiknüppel, aber die Teile sind mir dann doch etwas zu klein, da wäre ein Unfall vorprogrammiert.



Hallo Kay.

Das habe ich mir fast schon gedacht….

Für uns Männer; genetisch natürlich eher grobmotorisch veranlagt; kann das Schlagen mit diesen „Miniaturen“ auch ganz schnell mal zu einer ziemlich blutigen Angelegenheit werden.
Der Feuerstein kennt da kein Erbarmen…

Viele Grüße
Der Hesse


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13.09.2012 21:50
avatar  Hesse
#9
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Hallo zusammen.

Heute möchte ich euch ein weiteres Schlageisen vorstellen.

Das Original, welches dieser Reproduktion zugrunde liegt, wurde bei Ausgrabungen in Skandinavien gefunden und auf den Zeitraum 7. – 10. Jahrhundert datiert.

Die Schlageisen in Form des Buchstabens „C“ waren allerdings sehr weit verbreitet und können nicht als typisch nordisch angesehen werden.
Funde dieser oder sehr ähnlicher Formen gibt es in großen Stückzahlen aus den unterschiedlichsten Jahrhunderten und Regionen der Welt und definieren diese C-Grundform im Prinzip als meistgebräuchliche Standardform.

Verschiedene Größen, verschiedene Fingerbügelstellungen und zum Teil üppige Verzierungen und Gravuren machen diesen Typ aber zu einem ergiebigen Sammlungszweig.

Das auf dem Bild gezeigte Schlageisen ist 80mm lang und 38 mm hoch.

Viele Grüße
Der Hesse

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14.09.2012 15:46
avatar  Kay
#10
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Kay

Hi Hesse,

wie Du schon sagst, diese Grundform mit zwei ausgeschmiedeten Armen, die schlaufenförmig und mit eingerollten Enden gearbeitet ist, war über Jahrhunderte sehr weit verbreitet. Von der Art her unterscheidet sich die Form nur unwesentlich von der zuerst gezeigten.
Anbei ein Stück, welches vermutlich aus Deutschland stammt, hier wurde auf einen der beiden Arme verzichtet, es wird als einfacher "Küchenstahl" bezeichnet - um 1800. Da dieses Stück wohl über Jahre benutzt wurde, ist ein schöner Abtrag an der Schlagbahn zu erkennen und auch die einseitige Nutzung wird hier sichtbar. (ca. 7,5 cm Länge - Bild 2)

Zur Typisierung von Feuerstahlen gibt es gerade im Internet leider sehr viel Unsinn, ebenso sind nicht alle, als Feuerstahl deklarierten Stücke wirklich als solche zu nutzen, zum Teil bestehen diese nicht mal aus aufgekohltem, gehärtetem Stahl, mit relativ "weichem" Eisen, wäre eine Funktion zum Feuerschlagen nicht gegeben, hier hilft allerdings nur eine matallurgische Analyse.

Hier noch ein Bild von Giuseppe Arcimboldo aus dem Jahre 1566, dort sind einige Stahlformen aus dieser Zeit gut zu erkennen: http://www.primolo.de/archiv/Feuer3a/hp_innen.htm

Der Feuerstein dient hier nur als Ersatz für einen Pastikständer, hat aber ansonsten mit dem Stahl nichts zu tun, werde wohl häufiger so einen Stein, einem Plastikständer vorziehen.

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14.09.2012 20:34
avatar  Hesse
#11
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Zitat von Kay
wie Du schon sagst, diese Grundform mit zwei ausgeschmiedeten Armen, die schlaufenförmig und mit eingerollten Enden gearbeitet ist, war über Jahrhunderte sehr weit verbreitet. Von der Art her unterscheidet sich die Form nur unwesentlich von der zuerst gezeigten.



Da hast du natürlich absolut recht. Die Unterschiede bei den Eisen sind oft nur marginal vorhanden. Um aber einen "einigermaßen vernünftigen" Überblick über die zeitliche und geografische Verbreitung zu skizzieren, wird es sich nicht vollkommen vermeiden lassen, auf das ein oder andere C-Eisen einzugehen.

Zitat von Kay

Anbei ein Stück, welches vermutlich aus Deutschland stammt, hier wurde auf einen der beiden Arme verzichtet, es wird als einfacher "Küchenstahl" bezeichnet - um 1800. Da dieses Stück wohl über Jahre benutzt wurde, ist ein schöner Abtrag an der Schlagbahn zu erkennen und auch die einseitige Nutzung wird hier sichtbar. (ca. 7,5 cm Länge - Bild 2)



Ein schönes altes Stück dem man sein Leben auch schön ansieht. Wenn diese alten Dinge doch erzählen könnten...

Zitat von Kay

Zur Typisierung von Feuerstahlen gibt es gerade im Internet leider sehr viel Unsinn, ebenso sind nicht alle, als Feuerstahl deklarierten Stücke wirklich als solche zu nutzen, zum Teil bestehen diese nicht mal aus aufgekohltem, gehärtetem Stahl, mit relativ "weichem" Eisen, wäre eine Funktion zum Feuerschlagen nicht gegeben, hier hilft allerdings nur eine matallurgische Analyse.


Falls einmal Bedarf besteht, die Zusammensetzung eines Stahles herauszufinden, bietet sich immer ein Gang in eine Gießerei an.
Dort ist man meistens, gegen einen kleinen Obulus, in der Lage eine Spektralanalyse durchzuführen und somit die Zusammensetzung zu dokumentieren.

Viele Grüße
Der Hesse


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14.09.2012 21:29
avatar  Hesse
#12
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Hallo in die Runde

Nun unternehmen wir einen kleinen Ausflug zu den Wikingern und ich möchte euch eine Reproduktion eines schönen Schlageisens zeigen.

Archäologische Funde dieses Schlageisens gibt es mehrere.
Diese weichen zwar von ihren Verzierungen und Inschriften voneinander ab, sind von der Form aber identisch.
Bei Grabungen auf dem Gräberfeld Luistari in Eura, Satakunta (Finnland) wurde es im Grab 345 ebenso gefunden, wie auch im Gräberfeld Flemma in Tingvoll, Nordmark (Norwegen) oder im Grab 776 auf dem Gräberfeld Birka auf der Insel Björkö (Schweden)

Dargestellt werden hier zwei Reiter, welche den aus Bronze gegossenen Griff bilden, der wiederum die Fassung für den Feuerstahl darstellt.
Das Schlageisen hat mit den Abmessungen 68 mm Breite x 53 mm Höhe eine zum Feuerschlagen sehr angenehme Größe und wurde (wahrscheinlich) mit einem Lederriemen am Hosengürtel getragen.

Die Original-Schlageisen lassen sich archäologisch sehr gut datieren.
Die Siedlung Birka wurde um das Jahr 790 herum gegründet und entwickelte sich im Laufe der Zeit zu einem der bedeutendsten Handelsplätze in Skandinavien, bis sie nach nur gut 200 Jahren etwa um 1000 n. Chr. von ihren Bewohnern aufgegeben wurde.
Die Überreste Birkas wurden bereits 1680 entdeckt und es sind erste Grabungen aus dieser Zeit dokumentiert.
Neben der Siedlung fand man auch eine Vielzahl an Hügelgräbern welche durch wiederholte Grabungen bis in unsere Gegenwart hinein bereits weit mehr als 2000 Gräber freigegeben haben. Insgesamt geht man davon aus, dass auf Björkö weit über 3000 Gräber vorhanden sind.
Das Grab 345 im Gräberfeld Luistari konnte durch enthaltene Grabbeigaben sogar noch enger datiert werden, nämlich auf 920 – 950 n. Chr.


Viele Grüße
Der Hesse

PS: Wer mehr über das Weltkulturerbe Birka wissen möchte, dem hilft fürs Erste der Wikipedia-Eintrag über Birka >>> http://de.wikipedia.org/wiki/Birka.

Edit: Linkdarstellung geändert

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19.09.2012 14:49
avatar  Kay
#13
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Kay

Hi Hesse,

ein wirklich schönes Stück, gefällt mir sehr gut!

Anbei wieder mal ähnlich aufgebaute Stücke, mit allerdings anderen Darstellungen, welche eher aus dem südöstlichen Bereich Europas (vermutlich auch darüber hinaus)stammen, bis auf den Feuerstahl mit den drei runden Öffnungen, definitiv alles Reproduktionen und selbst bei besagtem Stück, bin ich mir nicht sicher, ob es sich um ein Original handelt. Der in der Literatur angegebene Herstellungszeitraum, liegt vom 8. - 11. Jahrhundert, meiner Meinung nach wahrscheinlich auch noch später und wie schon gesagt, etwas weiter verbreitet.

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19.09.2012 17:15
avatar  Hesse
#14
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Hallo Kay.

Wow!! Ausnahmslos schöne Stücke.
Mein Favorit von diesen 7 Exemplaren wäre das vorletzte Exemplar...

Anbei noch ein Schlageisen in Form eines "R". Das Teil sieht auf den ersten Blick etwas unhandlich aus, man kann damit aber wunderbar Funken schlagen.

Dieses Schlageisen ist eine Reproduktion eines Grabungsfundes aus einem Alemannengrab.
Das Grab an sich wurde datiert auf ca. 450-650 n. Chr.

In Bezug zu deinem "Küchenstahl" (in etwa in der Form eines "P" von ca. 1800 lässt sich hier durch die artverwandte Form ein kleiner Bogen zu der Verwendungsdauer dieser Typen schlagen, die mit über 1000 Jahren doch schon enorm ist.

Viele Grüße
Der Hesse

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19.09.2012 18:25
avatar  Kay
#15
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Kay

Hi Hesse,

wieder ein toller Beitrag und ich kann mir durchaus vorstellen, dass dieser Stahl gut zu halten und folglich auch gut zu nutzen ist.

Ein ähnliches Stück mit einer Schlaufe, wäre der in Bild 1 zu sehende Feuerstahl, wenn auch der Bogen zu einem "R" fehlt. Persien mitte 19. Jahrhundert. (möchte mal behaupten, hier wurde eine alte Feile umgeschmiedet) Länge ca. 11 cm.

Auf dem 2. Bild ein vermutlich deutsches Stück, ca. 17. / 18. Jahrhundert, hier ist die Schlaufe allerdings angeschmiedet und am Ende zu einer Öse aufgerollt, in dieser befindet sich ein Ring. Länge ca. 8 cm.

Hier handelt es sich nicht um Reproduktionen.

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19.09.2012 18:52
avatar  Hesse
#16
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Hallo Kay.

Wiederum zwei schöne Stücke.

Die Form deines 2. Exemplares kommt mir äußerst bekannt vor und ich will mich daher nicht lumpen lassen und die Abteilung "Alteisen" auch mal bedienen.

Wenn ich mich nicht täusche spricht man hier vom Galley Type.
Galley nimmt wiederum Bezug zu den römischen Galeeren, an welchen sich die Form der Eisen grob orientiert.

Ich habe ein paar wenige Galley`s im Sortiment und habe nun mal das zu deinem Stück passendste Exemplar fotografiert.

Osmanisches Reich, ca. 2. Jahrhundert AD.

Viele Grüße
Der Hesse

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se_or_galley_2.jpg

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19.09.2012 20:18
avatar  Kay
#17
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Kay

Hi Hesse,

sehr schönes altes Stück, wobei ich zwar kein Problem damit habe, dass es diese Stücke zu der von Dir angegebenen Zeit gab, nur glaube ich nicht, dass das hier gezeigte so alt ist. Eine Datierung von Einzelstücken, ohne genauen Fundzusammenhang, ist sehr problematisch. (ist nicht böse gemeint)

So auch bei dem hier gezeigten, sehr ähnlichen Stück, welches allerdings schon ein "Multifunktionswekzeug" darstellt, so gibt es einen Splint und eine schmal ausgeschmiedete "Klinge" . Diese Geräte wurden u.A. von Jägern genutzt, die Klinge dient zum Spannen des Hahnes und der Splint zum Reinigen des "Zündloches" (bin mir gerade nicht ganz sicher, ob dieser Ausdruck korrekt ist) - Der Stahl könnte im 17. Jahrhundert gefertigt worden sein, allerdings könnte auch das 19. Jahrhundert in Frage kommen.

Auch das Stück mit Bezug zu römischen Galeeren hat hinten eine Art Klinge, allerdings fehlt im vorderen Bereich der Splint / Dorn wie auch immer.

Als 2. ebenfalls ein Stahl für Menschen, die mit Waffen zu tun hatten, hier allerdings ohne Schlaufe und mit hochkant ausgeschmiedeter Klinge, dadurch ist diese größer, von der Formgebung würde ich bei dieses Stück sagen, es kommt aus dem Osmanischen Reich, Datierungs auch von ca. 17. bis 19. Jahrhundert

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19.09.2012 21:11
avatar  Hesse
#18
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Zitat von Kay
sehr schönes altes Stück, wobei ich zwar kein Problem damit habe, dass es diese Stücke zu der von Dir angegebenen Zeit gab,


Hier wusste ich erstmal gar nicht, was du meinst. Bis ich es dann gesehen habe... Das sollte natürlich nicht 2. Jh., sondern 12. Jh. heißen...
Zumindest war das seinerzeit die Info des Verkäufers. Was die geografische und geschichtliche Stichhaltigkeit dieser Aussage betrifft, muss ich leider passen.
Ich beschäftige mich geschichtlich (vorwiegend Hochmittelalter) eigentlich nur mit dem mittel- und nordeuropäischen Raum und außerhalb dieser Regionen nur noch mit den Kreuzzügen und ganz am Rande mit den Wikingern.
Das allein ist an und für sich schon zuviel....

Zitat von Kay
...nur glaube ich nicht, dass das hier gezeigte so alt ist.


Das habe ich ja auch nie behauptet und ich würde es, nach dem nun vorgenommenen Zeitsprung von 1000 Jahren, ebenfalls nicht tun.

Zitat von Kay

So auch bei dem hier gezeigten, sehr ähnlichen Stück, welches allerdings schon ein "Multifunktionswekzeug" darstellt, so gibt es einen Splint und eine schmal ausgeschmiedete "Klinge" . Diese Geräte wurden u.A. von Jägern genutzt, die Klinge dient zum Spannen des Hahnes und der Splint zum Reinigen des "Zündloches"


Dass diese Typen auch von Jägern benutzt wurden steht, denke ich, außer Frage. Allerdings dürfte es sich dann nur um für Jagdzwecke optimierte Weiterentwicklungen handeln, da es die Eisen in Form des kleinen "a" ja eigentlich schon vor den Schußwaffen gab

Viele Grüße
Der Hesse


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19.09.2012 21:44
avatar  Kay
#19
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Kay

Hi Hesse,

leider sind Angaben von Verkäufern zeitweise sehr fantasievoll, viel schlimmer ist, auch von denen, die es besser wissen sollten - frei nach dem Motto, je älter, desto teurer. Zum Glück sind nicht alle so und auch in der Literatur sind die angegebenen Datierungen teilweise sehr unterschiedlich.

Ich gebe Dir natürlich völlig Recht, es handelt sich bei solchen Werkzeugen sehr Wahrscheinlich um eine Weiterentwicklung von alt bewährten Stücken, die es auch vor Erfindung von Steinschlossflinten schon gab. Hier gibt es auch Werkzeuge, die "nur" als solche zu gebrauchen sind, nicht aber zum Feuerschlagen genutzt wurden, dazu aber ein anderes mal mehr ... (nicht alles was als Feuerstahl angeboten wird, ist auch einer - aber das auseinander zu halten, na ja, da reicht meine bislang erworbene Erfahrung nicht aus)


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19.09.2012 22:56
avatar  Hesse
#20
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Hi Kay.

Je älter, desto teurer traf hier zum Glück nicht zu.

Wie du bereits geschrieben hast, gibt es hier sehr viel Grauzone, was die Datierung anbelangt.
Das ist auch ein Grund, warum ich hier auf Literatur komplett verzichte und mich lieber auf Grabungsberichte, Kombinationsvermögen und Bauchgefühl verlasse.
Ok, ganz ohne historische Kenntnisse funktioniert das freilich auch nicht, aber ich bin bisher damit ganz gut gefahren.

Was meinen zuletzt eingestellten Schlageisen-Typ anbetrifft, könnte es gut sein, dass er, von der Form her, in das 12. Jh. passen würde.
Ob das Eisen auch aus dieser Zeit stammt, ist für mich absolut zweitrangig. Mir geht es einzig um die Form und ich wäre auch damit zufrieden, wenn es ein neuzeitliches Teil wäre, was chemisch gealtert worden ist.
Ich habe in meinen mittelalterlichen Unterlagen jedenfalls Notizen über Grabungen aus dem Bereich Osmanen, Seldschuken und Byzanz, in denen auch a-Eisen gefunden wurden.
Ich werde mich mal um den ein oder anderen vollständigen Grabungsbericht bemühen und ggf. dann hier ein paar weitere Infos weitergeben wenn ich die genaue Form in Erfahrung gebracht habe. Das bedarf, aufgrund des doch recht großen geografischen Gebietes, aber alles noch ein wenig Recherche vorab und könnte einen Moment dauern, zumal ich hier leider wieder auf Uni-Kontakte angewiesen bin.

Viele Grüße
Der Hesse


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